J.S. Bach, Missa in G und Kantate "Christ unser Herr zum Jordan kam"
"Wer ebenso fleißig ist wie ich, der wird es genausoweit bringen" – Dieser Ausspruch von J.S. Bach deutet an, dass er sich als "Handwerker" verstand, und dass jeder zu dieser enormen Leistung fähig sei, der mit Fleiß und Können sich der Musik widmet. Das Genie Bachs verstand seine eigene Genialität nicht.
"Nicht Bach, Meer müsse er heißen" - dieser Satz stammt von Ludwig van Beethoven; er zeigt an, wie vielschichtig und komplex Bachs Musik empfunden wurde. Seine Musik ist und bleibt ein unerklärbares Phänomen und Faszinosum, das sich sowohl den Worten als auch dem hörenden Verstehen größtenteils entzieht.
Wer sich mit der Musik von Johann Sebastian Bach auseinandersetzen möchte, sieht sich eben diesem Problem der Unerklärbarkeit gegenüber, denn bei Bach ist alles anders: Die Kantate BWV 7 verbindet in ihrem Eingangschor Elemente der Ouvertüre, eines Violinkonzertes und des Chorals - derartige Herausforderungen liebte Bach offensichtlich (wie z.B. im Eingangschor der "Matthäuspassion"). Gänzlich unerklärbar ist, wie Bach in nur wenigen Tagen eine neue Kantate schreiben konnte...
Auch die Messe ist im Gegensatz zu anderen Messen ein Ausnahmewerk: So beginnt der erste Satz ("Kyrie") mit einer Motette zu 4 Gesangsstimmen plus einer freien Bassstimme (Basso Continuum). Dieser Satz kombiniert das "Kyrie Eleison" mit dem "Christe Eleison", d.h. Bach verzichtet auf eine sonst übliche Aufteilung auf drei Sätze. Zudem schließt der Satz, auch dies ein Unikum in der Musikliteratur, mit dem "Christe Eleison". Das anschließende "Gloria" verzichtet überraschend auf barocke Prachtentfaltung, die üblicherweise hier ihren Ort hätte, zu Gunsten eines liedhaften Beginns, der wie ein Liebesduett erklingt. Diese Beispiele mögen dazu dienen, den besonderen Charakter dieser Messvertonung herauszustellen. (Volker Ellenberger)